Medienfinanzierung der Zukunft: Corporate Service Public

Die No-Billag-Initiative ist Geschichte – die Frage um die Finanzierung der Medien bleibt. In der GDI-Studie «Digital Corporate Publishing» wird ein mögliches Modell vorgeschlagen. Die Förderung von Recherche-Journalismus durch Unternehmen. Doch wie publiziert ein Unternehmen glaubwürdig objektive News?
7 März, 2018 durch
Medienfinanzierung der Zukunft: Corporate Service Public
GDI Gottlieb Duttweiler Institute
 

Bieten Unternehmen einen «Service Public» an, fokussieren sie auf redaktionelle Inhalte anstatt auf Produktinformationen. Das Ziel ist nicht die Verkaufsförderung, sondern die Versorgung der Leserschaft oder Zuschauer mit unabhängigen und hochwertigen Reportagen und News. Für die Unternehmung hat das den Vorteil des Image-Zugewinns.  

Doch wie glaubwürdig ist ein Unternehmen, das «objektive» News vermittelt? Entspricht das nicht den dystopischen Vorstellungen uneingeschränkter Konzernmacht – es kommt dabei sehr stark auf das Unternehmen an. Bei Firmen, mit schwach ausgeprägtem Gewinnstreben und grossem sozialem Verantwortungsbewusstsein könnte das noch als glaubwürdiger wahrgenommen werden als bei anderen. Doch wie sieht es in zehn Jahren aus? Ist der pragmatisch orientierte Konsument der Zukunft an Worthaltungen überhaupt noch interessiert?

Unter dem Stichwort «Corporate Social Responsibility» engagieren sich immer mehr Firmen in gesellschaftlichen Fragen. Auch wenn Kritiker dies als Marketing abtun, bedeutet das nicht, muss es deswegen nicht schlecht sein. So hat sich eine Reihe von superreichen Unternehmern zur «Breakthrough Energy Coalition» zusammengeschlossen, um durch Investitionen in saubere Energien den Klimawandel zu bekämpfen. Zum Beispiel hat die Gates Foundation (von Bill und Melinda Gates), neben den Vereinten Nationen, am meisten Gelder zum Kampf gegen Ebola beigetragen. Laut der GDI-Studie «Digital Corporate Publishing» können sich die befragten Experten auch ein Unternehmens-Engagement im Medienbereich grösstenteils gut vorstellen.

Natürlich ist die Finanzierung von Journalismus durch Unternehmen nicht unproblematisch, da die Gefahr besteht, dass aufgrund von finanziellen Abhängigkeiten nicht neutral berichtet werden kann. Während eine staatliche oder selbst marktwirtschaftliche Finanzierung noch einer gewissen demokratischen Kontrolle unterliegt, ist das bei Firmenfinanzierung nicht der Fall. Darum könnte es Sinn machen, dass eine unabhängige Instanz Gelder verteilt. Beispielsweise, indem über Crowdfunding Projekte wie Correctiv oder Coup unterstützt werden.

Wenn das Unternehmen selber Journalisten anstellt, um unabhängig über gesellschaftliche Themen redaktionell zu berichten, so besteht zunächst eine grosse Herausforderung darin, dass diese überhaupt als kompetent und unabhängig wahrgenommen werden. Entweder werden jegliche Konsum-Themen, die das eigene Unternehmen betreffen könnten, nicht angegangen. Oder aber es muss auch streng mit der eigenen Firma ins Gericht gegangen werden. Ein Beispiel für einen Corporate Blog mit relativ unabhängiger Berichterstattung ist der re:BLOG des Otto Versandes. Ein Artikel darin kritisiert die Nutzung von Mikroplastik, obwohl im Otto-Versand solche Produkte zu kaufen sind. Wird im eigenen Blog kritisch über eigene Produkte berichtet, stellt sich die Frage, wie ein Unternehmen damit umgehen soll. Sollen die Produkte aus dem Sortiment genommen werden oder sollte der Artikel zum Produkt verlinkt werden, damit die Kunden selber eine mündige Entscheidung fällen können? Geschieht weder das eine noch das andere, wird eine Chance verpasst, die eigene Berichterstattung als wichtig und glaubwürdig zu bewerben.



Lesen Sie mehr über den «Service Public» der Unternehmen in der neuen GDI-Studie «Digital Corporate Publishing».

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